Keine fünf Kilometer von der Hauptstraße entfernt endet der Asphalt und das Abenteuer beginnt. Zum Glück hat Mirko, Kathis Papa, vorausschauend ein Allradauto gemietet. Über Stock und Stein holpern wir ins Landesinnere. Es geht dem Fluss Ba entlang in Richtung Berge. Im Tal dominieren Zuckerrohrfelder die von den indisch-stämmigen Bewohnern Fijis bebaut werden. Nach einer Stunde Geschüttel fahren wir über eine Kuppe und das malerische Dorf Navala liegt uns zu Füßen. An einen sanften Hang überm Fluss schmiegen sich die Strohgedeckten Häuser.
Kaum im Dorf angekommen werden wir von einer Schar Kinder umringt. Bald werden wir auch von einer Frau namens Philomena begrüßt die uns das Dorf zeigen möchte. Als erstes müssen wir zum Turanga ni Koro dem Häuptling. Im Haus des Chefs hat sich schon eine Gruppe älterer Herren eingefunden die mit uns die Kava-Zeremonie abhalten. Kava ist das fijianische Nationalgetränk. Es wird aus einer Wurzel hergestellt und hat einen leicht erdigen Geschmack. Es soll auch eine narkotische Wirkung haben, nach einer Schale davon spüren wir allerdings nichts davon. Für die Zeremonie setzt sich die Dorfgemeinschaft im Halbkreis um eine hölzerne Schüssel in der die braune Flüssigkeit zubereitet wird. Gegenüber setzen sich die Gäste ebenfalls auf den Boden aus Pandanuss Matten. Als erstes überreichen die Gäste eine dekorativ eingepackte Kava-Wurzel. Der Turanga ni Koro nimmt das Geschenk entgegen und murmelt die Willkommensansprache. Dieser erste Teil des Geschehens nennt sich Sevu Sevu.
Danach beginnt das Kava-trinken. Beginnen muss der Häuptling, dann geht es reihum. Man bekommt eine Schale gereicht dabei wird von der Gemeinschaft etwas gemurmelt. Bevor man die Schale annimmt muss man ein Mal in die Hände klatschen. Die Schale muss dann in einem Zug geleert werden. Je nachdem wieviel man mag, kann man "High Tide" oder "Low Tide" sagen. Nach dem Trinken gibt man die Schale zurück und klatscht drei mal. Das Klatschen ist eine Geste des Respekts. Wenn alle getrunken haben ist die Zeremonie abgeschlossen und man ist offizieller Gast des Dorfes, kann sich frei im Dorf bewegen und Fotos machen.
Wir werden von Philomena durchs 800 Einwohner zählende Dorf geführt. Als erstes fällt uns auf, dass einige der Häuser beschädigt sind. Unsere Begleiterin erklärt uns dass der letzte Zyklon namens Winston die Schäden verursacht hat. Wer eine Reparatur am Haus braucht, oder überhaupt ein neues Haus braucht, geht zum Häuptling. Der teilt immer neun Männer ein, die dann die Arbeiten gemeinsam machen. Ein neues Haus bauen dauert ca. 3 Monate und kostet die Familie nichts.
Zuerst werden die massiven Säulen ca. 1,5 Meter eingegraben und eine um ca. einen Meter erhöhte Plattform aufgeschüttet. Außen um die Plattform wird eine Natursteinmauer aufgemauert. Dann wird das Konstruktionsskelett aus Holz und Bambus errichtet. Die Wände bestehen ebenfalls aus einem Bambusgeflecht. Auf drei Seiten sind Türen eingebaut, die einzigen Öffnungen. Sie stehen den Tag über offen. Die Dacheindeckung wird aus Gras hergestellt. Dieses Grasdach muss ca. alle 9 Jahre neu eingedeckt werden.
Eine andere Grassorte wird zur Polsterung am Fußboden großzügig verteilt. Darüber werden die geflochtenen Pandanusmatten die von den Frauen geflochten werden ausgebreitet. Wenn der Boden nicht mehr weich genug ist, wird eine neue Graslage aufgebracht. Die verwendeten Gräser werden am Hang gegenüber des Dorfes geerntet, das Bauholz wird aus den Bergen über den Fluss zum Dorf geflösst. Damit die Hölzer schön in der Strömung bleiben und sich nicht verkeilen, müssen die Arbeiter ein spezielles Lied bei der Arbeit singen. Die Kinder schauen bei der Arbeit zu und wissen ohne weitere Ausbildung wenn sie erwachsen sind wie man ein Haus baut.
Bei den traditionellen Häusern handelt es sich um so genannte Einraumhäuser. Alles vom Schlafen bis zum Gäste Empfangen findet im selben Raum statt. Nur Baden und Kochen ist ausgelagert. Die Dusche ist im Freien und die Küche ist in einer eigenen kleinen Hütte untergebracht.
Wir erreichen bei unserem Dorfrundgang das Schulgelände. Um ein zentrales Rugby-Spielfeld sind Bungalows mit je zwei Klassenräume angeordnet. Daneben gibt es ein Internat und Lehrerunterkünfte. Diese Gebäude sind nicht in der traditionellen Bauweise errichtet. Die Kinder des Internats werden abwechselnd von einer Familie des Dorfes mitverköstigt. Nach der Pflichtschule müssen die Kinder anderswo die weitere Ausbildung machen. Nicht alle kehren danach wieder zum Dorf zurück.
Das gesamte Land auf dem das Dorf errichtet ist, gehört dem Häuptling, der es vom Vater gemeinsam mit dem Häuptlingstitel geerbt hat. Jede Familie besitzt auf dem Gegenhang ein Stück Land wo
Gemüse vor allem für den Eigenbedarf angebaut wird. Haupteinnahmequelle im Dorf ist der Tourismus. Das Dorfleben macht einen beschaulichen Eindruck. Die Dorfbewohner sitzen in Gruppen bei
einander und plaudern. Kinder sind unbeaufsichtigt im Dorf unterwegs. Alle grüßen freundlich beim Vorbeigehen. Einige Männer sind gerade auf Wildschweinjagd, die mit Lanze und Messer
erfolgt.
Mirko unterstützt die Bewohner nach Kräften in dem er eine Selektion handwerklicher Erzeugnisse ersteht. Wir verteilen alle unsere Snacks und Zuckerl an die begeisterte Kinderschar bevor wir uns
auf den Rückweg machen.
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andi (Mittwoch, 26 Juli 2017 10:52)
superwien likes einraumhaus!
lg aus dem büro
Helene (Mittwoch, 26 Juli 2017 22:32)
Das war echt ein toller Ausflug, hat sich sehr ausgezahlt.
Vati (Sonntag, 30 Juli 2017 23:04)
eine schöne Erinnerung ist dieser Blog
man ist in einer anderen Welt - wie lange es diese noch geben wird ??
Alexander (Montag, 31 Juli 2017 00:38)
Ein interessanter Bericht und schöne Fotos!
Wie du schreibst: wirkt sehr beschaulich und fast auch etwas museal.
Hat eben seine 2 Seiten, wenn die Menschen vom Tourismus leben müssen.
Liebe Grüße